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Piratenballade
Auf der Papageieninsel
starb an einem Blutgerinnsel
neulich unser Piet Vermeuren,
den sie nur Den Ungeheuren
auf den Ozeanen nannten,
jenen allen wohlbekannten
allerletzten der Piraten.
Dieser wahre Satansbraten
lebte lange in Leuwarden
unter Gauklern, unter Barden,
bis ihn dreißig Seejungfrauen
einfach ratz fatz umgehauen
haben und in einer Tiede,
was kein Seebär gern vermiede,
jede einzeln nach ihm haschte
und ihn lustvoll dann vernaschte.
Nur noch war ihm dann zum Lallen,
tat er auch beim Trockenfallen
auf der Sandbank zwischen vielen
Wattenmeer- und Nordseeprielen,
wo die Nixen ihn verließen,
ihn befriedigt von sich stießen.
Piet fuhr fortan viele Jahre
immer nur mit Schmuggelware
durch die Fluten, diese grauen,
suchte seine Meerjungfrauen,
hat sie aber nie gefunden;
hat das niemals je verwunden.
Als er keine Lust mehr hatte,
klaute er sich die Fregatte
MBA KULI KASHUMAIKA
in der Nähe von Jamaika,
fuhr von dort mit Halbjapanern
und diversen Indianern
raubend, mordend, plündernd, brennend
Käptn Botschikow sich nennend
kreuz und quer durch die Karibik.
Freund und Feind, das war beliebig,
mussten Wegegeld ihm zahlen.
Wer nicht zahlt´...., nicht auszumalen,
was mit dem Piet alles machte,
jeder Knochen einzeln krachte.
Alle galten als verloren,
ob nun hoch ob tief geboren,
Frauen blieben ungeschoren;
darauf konnte jede bauen,
dank der dreißig Meerjungfrauen
Keine Bucht war vor ihm sicher,
und was noch viel wesentlicher,
niemand wagte nachts zu schlafen,
nicht auf See und nicht im Hafen.
Jeder glaubte, ganze Flotten
sei er fähig auszurotten.
Admiralen, ausgelaufen,
den Korsaren sich zu kaufen,
drohte er ganz unverhohlen,
sie mal eben kielzuholen.
Rum zu jedem warmen Essen
wurde nie von ihm vergessen;
war er schließlich dann besoffen,
stand die Hose meistens offen
nach ergiebig Urinieren;
war ein Teil der Tischmanieren.
Kam er dann an Bord gekrochen,
hat er gern gekotzt, gebrochen.
In den Augen, diesen blauen,
lag das reinste Gottvertrauen,
sprach er von den Meerjungfrauen.
Botschi-Piet kam in die Jahre,
hatte bald mehr keine Haare,
und es schwanden ihm die Kräfte,
auch die jugendlichen Säfte.
Mutig, gänzlich unverdrossen
hat er endlich sich entschlossen,
ohne Zögern abzudanken,
ohne sich mit wem zu zanken
und das Alter zu genießen,
wo die Orchideen sprießen,
auf der Insel Kkakadoohnie,
Winter herrscht dort nur im Juni,
in dem Reich der Papageien,
die zu Gottes Lob laut schreien.
Dort erzählt er seinen Gästen
gern von Kämpfen, gern von Festen,
von den Stürmen und Gefahren,
die sein Lebensinhalt waren,
viel von Schrecken, viel von Grauen
und den dreißig Meerjungfrauen.
Nur in langen heißen Nächten
spricht er von den wahren, echten
Narben, Wunden und Verlusten,
wovon viele gar nichts wussten,
von dem Holzbein, von dem Haken,
vor dem Freunde selbst erschraken,
von der schwarzen Augenklappe.
Schließlich sind sie nicht aus Pappe,
all der Kummer, all die Sorgen,
die dahinter tief verborgen
waren und nicht auszuräumen
außer in den tiefen Träumen
von der Lust, vom süßen Grauen
mit den dreißig Meerjungfrauen.
Nur ein Haken statt fünf Finger,
das wär nichts für Sumoringer.
Jeder, alle, auch Piraten
möchten ihren Sonntagsbraten
lieber aus der Hand genießen
als am Haken aufzuspießen.
Er verlor die Hand beim Entern;
als ein Schiff begann zu kentern,
wurde sie ihm abgerissen;
weh tat das und zwar beschissen.
Auf dem Holzbein rumzulaufen,
konnt´ ihm nie den Schneid abkaufen;
ständig war das Teil zu pflegen.
Grad bei Sonne, Wind und Regen
darf das trockne Holz nicht splittern,
modern, faulen und verwittern,
musste schön geschmeidig bleiben,
sollt ihn nicht zum Wahnsinn treiben,
denn ein winzig kleiner Splitter
wär im Beinstumpf mehr als bitter.
Nach zwei Hieben mit dem Säbel
kämpfend früh im Morgennebel
war der Schenkel abgeschnitten
und er musste lange bitten,
ihn am Knie zu amputieren,
um das Bein ihm zu sanieren.
Oben Fleisch, gesund die Knochen,
unten Holz vom Baum gebrochen,
zwischen beidem Fett und Salbe,
nennt sein Bein er Halbe Halbe.
Jene böse Augen-Chose
ging ganz anders in die Hose:
Nicht beim Entern, nicht beim Kapern
schien es ihm im Kopf zu hapern;
nein, beim eifrig Zwiebeln Schneiden,
fing er heftig an zu leiden;
dicke feuchte Tränen quollen
eins der Augen war geschwollen.
Und alsdann beim Augen Reiben
- leider ließ er das nicht bleiben -
hatte sich die Hand verhakelt
und sein Auge abgetakelt,
Wimper, Lid so wie Pupille,
diese schützte keine Brille.
Ja, er hatte glatt vergessen,
dass, wo einst die Hand gesessen,
jetzt er dort an einer Platte
nur noch einen Haken hatte?
So war Piet Vermeurens Leben,
auf den wir das Glas erheben,
keiner konnt´ ihm das versauen
nur die geilen Meerjungfrauen.
So wie ihn wird´s keinen geben,
auch wenn viele danach streben,
nicht in hunderttausend Jahren
in den Scharen der Korsaren.

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